Montag, 25. Oktober 2010

Ein Stück Haxn mit Kruste bitte!

Ich hätte mir im Traum nicht vorstellen können, diesen Satz ausgerechnet in mitten ein indischen Großstadt zu sagen.
Wiedermal durch Kontakte haben wir dieses Wochenende Kumar kennen gelernt. Kumar werd ich hoffentlich nicht zum letzten mal gesehen haben! Obwohl er uns nicht kannte, hat er für uns Karten für das Hyderabad Oktoberfest organisiert. Dieses wurde vom Goethe-Institut organisiert, im Taj Krishna, dem teuersten und bekanntesten Hotel der Stadt!
Kumar, geschätzt ende 30, druckt in seiner Firma alle Prospekte des Instituts und hat deshalb aus purer Freundlichkeit vier Freikarten für Malte, Eliana, Luis und mich beantragt.
Die Veranstaltung selbst war in gewisser Weise grotesk: Eine mittelmäßige bayerische Band, ein Koch und trachten wurden extra aus Deutschland eingeflogen. Im Ballsaal des Nobelhotels traf ich dann erstaunlich viele deutschsprachige Inder, denen ich erklären durfte, was "Schunkeln" ist. Als sie dann alle mit Begeisterung loslegten hab ich mich in Grund und Boden geschämt, gleich darauf viel mir allerdings auf, dass das völlig unnötig ist, es gab keinen dort der es auch nur ansatzweise lächerlich fand. Manchmal sind die Inder schon Komisch.
Die Einladung beinhaltete auch kostenlosen Zugang zu allem Essen und zu so viel Bier, wie man wollte. Deusches Bier gab's leider nicht, aber Kingfisher Bier ist durchaus eine vorübergehende Alternative.
Als wir das Essen gesehen haben, hatte ich solche Lust alles davon zu essen, auch wenn ich das in Deutschland nie gemacht hätte. Ohne Sinn und Verstand hab ich mir dann Sauerkraut, Wiener Schnitzel, Käsespätzle, Knödel, Rotkraut, Bratwurst und Haxn reingepfiffen, wobei man sagen muss, dass nur die Haxn wirklich ein Genuss waren. Das für deutsche Küche obligatorische Salz fehlte fast überall und war auch so nicht vorhanden.
Unterm Strich hatte ich allerdings eine Genugtuung nach eineinhalb Monaten mal wieder richtig Fleisch zu essen. Nichts gegen die hiesige Vegetarische Küche, mit der ich mich sehr angefreundet hab.
Wir waren glücklich, wenn auch von deutschen Schlagern genervt, und Kumar war glücklich weil wir es waren. Wir unterhielten uns ewig, und er bot uns an mit ihm aufs Land zu fahren, was er öfters mit deutschen Freiwilligen gemacht hat. Zu meinem Glück ist er auch der erste Mensch hier der meine Leidenschaft für Jazz teilt, und in Zukunft hält er mich auf dem Laufenden was sich in der Szene tut weil er auch da beruflich aktiv ist. Ein richtiger Kumpel-Typ!

Sonst gibt es kaum Neuigkeiten, nur ein kleines Bild aus Kerala für alle die die Fotos von letztem Jahr nicht gesehen haben, diesesmal mit fast noch besserem Wetter.


Ein sehr bespielhaftes Foto vom südindischen Kerala: Schön und vorallem grün!
Für alle die jetzt neidisch sind, ein kleiner Trost: Ihr seid nicht allein ;)

Dienstag, 19. Oktober 2010

Mindestens 2.500 km...

... haben wir in der letzten Woche zurückgelegt. Ein ganz schönes Stück. Die erste Erfahrung auf der Reise war schon mit die wertvollste: Indische Zugfahrt über Nacht, 2. Klasse. Ein Waggon hat ungefähr 10 "Abteile" à 8 oder 9 Leute. Ein langer Gang verbindet sie, Türen, Mülleimer, Bettbezüge und Privatsphäre sucht man vergeblich. Aber es war trotzdem ein riesiger Spaß! Luis und meine Füße hingen in den Gang hinein, die Betten entsprechen eher indischen Standarts und so laufen des Nachts alle Inder mit voller Wucht gegen meine Füße. Das stört die aber kaum, in Indien taucht sowieso immer irgendwo etwas aus dem nichts hervor.
Nach der erheiternden Fahrt waren wir in Chennai, der Hauptstadt von Tamil Nadu, welches sich über die Ostküste bis zur Südspitze erstreckt. Ich war zwar schon letztes Jahr dort, aber erstaunlich ist dieser Bundestaat immer wieder. Kein Mensch spricht Hindi, eigentlich wird nur Tamil gesprochen. Die Menschen dort haben sichtlich wenig mit den "arischen" Indern des Nordens zu tun, hier leben fast nur "Dravidians" und sie sind mächtig stolz drauf.
In Chennai nahmen wir, obwohl es eine recht schöne Stadt am Meer ist, gleich den Bus nach Pondicherry.
Unser Ziel war Auroville, aber wir machten noch einen Stopp in Mamallapuram.
Mamallapuram ist eine alte Tempelstadt, deren Tempel aus einem einzigen Stein gehauen werden.


Ein paar Tempel.


Der "Butterball". Ist wahrscheinlich deshalb heilig, weil er normalerweise den Abhang runter rutschen müsste, dies aber nicht tut.


Backpack-Luis, irgendwo in Tamil Nadu.
Nach insgesamt 6 Stunden Busfahrt waren wir in Auroville. Obwohl mich der Ort schon im Vorhinein fasziniert hat und ich mich sogar dort um eine Stelle beworben hab, hab ich mich von Anfang an nicht so ganz wohl gefühlt. Das System des Sri Aurobindo und der "Mutter" ist interessant, aber zu kompliziert um es hier zu beschreiben.
Ich Eliana hatte durch ihre dort lebende Großtante eine Unterkunft und ich durfte dort auf der Dachterassse schlafen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so gut auf Steinboden schlafen könnte.
Um es kurz zu fassen: Auroville trotz jeder Beschreibung. In den zweieinhalb Tagen hab ich dort vieles gesehen, vom "guten" bis zum "schlechten" Auroville. Über Auroville haben wir viele stürmische Diskussionen geführt, für mich ist der Ort trotzdem suspekt.
Die Umsetzung ist meiner Meinung nach dürftig, viele Aurovillianer haben die Stadt verlassen weil das System einen falschen Weg einschlägt. Mitlerweile ist es ein Kurort für berühmte Inder und die unzufriedenen Bewohner schimpfen die Stadt Architektville, zurecht, denn trotz des Non-Profit haben einige Einwohner Behausungen wo selbst ein Hundertwasser staunen würde.
Aber die Erfahrung die ich Matramandir bekommen hab (ja, wir durften rein!!), und den ein Eindruck den ich von manchen Kommunen hab war sehr positiv!
Auroville ist für mich immer noch ein hitziges Thema und es gibt noch viel darüber zu erzählen. Jeder der noch mehr darüber erfahren möchte oder wissen will, was ich darüber denke, sollte am besten mich direkt fragen, alles andere würde den Ramen des Blogs sprengen.
Da Touristen hier erfahrungsgemäß ungern gesehen sind, hab ich hier keine Fotos gemacht. Nur am Strand hab ich meine Kamera mitgenommen!


Indiens Ostküste in der Dämmerung!


Auch zum Sonnenaufgang sind wir um halb sechs zum Strand gegangen. Die Sonne haben wir nicht gesehen, dafür ungefähr 20 Inder die ihr morgendliches großes Geschäft in den Strand gesetzt haben. Sie waren sichtlich geschockt um diese Uhrzeit von Leuten wie uns dabei gestört zu werden. Wir hatten unseren Spass!

Nach dieser Zeitreise ins Jahr 1968 nahmen wir über Nacht einen Bus nach Kochi. Dabei verbrachten wir ein paar Stunden in der von den Franzosen geprägten Stadt Pondicherry "Pondi". Dort wurde uns erzählt das unser Bus ein Unfall hatte. So standen wir um acht Uhr Abends im Stadtzentrum und wussten nicht mehr was zu tun ist.
Zum Glück fanden wir zwei andere Busse über Coimbatore. Das südindische Festland ist wirklich sehenswert und hat mich wieder mal verzaubert.
Leider hatten wir nur wenig Zeit für Kerala, den Bundesstaat in dem Kochi liegt und so verbrachten wir einen Tag auf den Backwaters und in der lustigen Unterkunft, wo wir abends mit Franzosen, Indern und sogar einem Pärchen aus Berlin indischen Rum tranken. Es war eine Mischung aus Homestay und Tatoostudio, die Atmosphäre war super und alles war bunt bemalt. 
Auch hier hab ich keine Fotos gemacht, denn Kochi kenne ich nun wirklich schon vom letzten Jahr. Nach wie vor ist Kerala ein wunderschöner Ort, mit vielen interessanten Indern und deutschen Touris.

Dann kam die letzte Etappe: Mysore! Die recht kleine Stadt ist das Zentrum des Dasara-Festivals. Mit viel Glück fanden wir ein bezahlbares Hotel und trafen uns dann mit Jana, einer Freiwilligen aus Berlin und anderen. Die Stadt ist erstaunlich sauber und steckte gerade voll in den Vorbereitungen für den grossen Umzug. Definitiv sehenswert, auch ohne Dasara, aber zu viel um alles zu erwähnen. 
Die Stadt war voll von rot-schwarz-orange gekleideten Menschen und alles was nicht bei drei auf dem Baum ist wurde mit drei weißen Streifen oder Blumen gesegnet. 
Hier ein paar Eindrücke von der Parade, für die wir vier Stunden vorher Plätze gesichert haben.


Der Eingang zum Mysorepalast am Tag vor dem Umzug. Abends erhellen 70.000 Lichter den Palast, großartig anzusehen!



Die bunt bemalten Elfanten waren für mich der Hauptgrund nach Mysore zu kommen. Vielleicht waren sie auch ein Grund überhaupt nach Indien zu kommen...


Die Parade ist dem Karneval der Kulturen in Berlin recht ähnlich. Nur sind hier ausschließlich Live-Musiker und Tänzer in farbenfrohen Kostümen. 

Dasara in Mysore kann ich wirklich jedem ans Herz legen! 
Summa summarum war es eine schöne und lohnenswerte Reise. Vielleicht folgen nächste Woche noch andere Fotos von meinen Reisebegleitern und ein paar Videos von mir, das hier ist nur die Spitze des Eisbergs. Mehr beim nächsten Mal...

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Powerbreak

So liebe Leute, einen Post werde ich noch zum besten geben bevor es in den wohlverdienten Dschungelurlaub geht!
Am Samstag geht unser Zug nach Chennai bzw Madras, und ich hoffe, gar nicht erst großartig mit Zivilisation in Berührung zu kommen. Mal sehen.

Unser bescheidenes Heim war wieder mal stark frequentiert dieses Wochenende, diesmal von Malte und einer Freundin von ihm, Steffi, die 3 Stunden entfernt in Karnataka wohnt. Sehr schnell haben wir uns angefreundet, deshalb sind wir offiziell auch bei ihr in der Klosterschule für Mädchen eingeladen - von der Oberschwester höchst persönlich. Wenn das nicht lustig wird dann weiß ich auch nicht. Vier weitere Deutsche  haben wir am Freitag kennen gelernt. Und die Zahl wächst stetig.
Mit der überaus lustige und geselligen Chefin von Malte und Eliana besuchten wir dann ein Künstlerdorf, einen Bücherbasar und so viele andere Orte, ihr habt keine Ahnung was man hier alles erleben kann.
Langsam hab ich mir abgewöhnt in der Stadt meine Kamera mitzunehmen, aus dem einfachen Grund das ich die Fotos auch später mit meinem Besuch machen kann.
So erging es uns gestern auch auf dem Birla Mandir. WOW! Was für ein Ort! Ein riesiger, aus weißem Marmor bestehender Hindu Tempel mitten in der Stadt, direkt neben dem großen See auf dem höchsten Berg der Stadt. Man kann bestimmt 20 Km weit sehen, während man selbst von großen Adlern beobachten wird, die auf den vergoldeten Spitzen sitzen. Als Erfrischung dann ein Schluck Gangeswasser und ein bisschen Zucker.
Ich merke, dass ich hier viel zu viel erlebe um es alles in diesen Blog zu pressen. Nicht so wild, dafür noch ein paar Bilder von meiner Arbeit. Dort hat sich wenig verändert, bis auf die Tatsache das noch eine Freiwillige dazu gekommen ist. Allerdings kommt sie nur einmal die Woche, kommt aus Honolulu und heißt Maggie. Gestern war bei uns "Mini-Bazar", das heißt, Rahmen des Matheunterrichts haben Klasse 6 und 7 einen Bazar veranstaltet, bei dem sie Ein- und Ausgaben koordinieren sollten, eine Speisekarte erstellen sollten usw... Dieses Happening hab ich als Gelegenheit genutzt die ganze Meute mal wieder in Bildern zu verewigen.


Warum fahr ich eigentlich in den Dschungel fragt man sich bei den Bilder. Ich weiß es auch nicht! 
Hier gehts gerade los, groß und klein versammelt sich um die Stände.


Links Luis, in der Mitte Ornob (Unser neuer Kollege, Kunstlehrer, 23 Jahre alt und lustiger Typ! Er kennt ganz Indien und wir vertiefen uns regelmäßig in ausschweifenden Gesprächen) und natürlich Manorama oder Manaka, unsere Mentorin, Allroundtalent und freundliche Gastgeberin. Allesamt am mampfen.


Radha, die kleine alte Frau mit dem großen Bindi (so nennt man diesen Punkt) auf der Stirn. Für alle, die  keine Lust haben bei mir im Kindergarten zu wohnen: Ihr man fährt total auf Couchsurfing ab und hat immer 2 Betten frei. Dort kann man wahrscheinlich gnadenlos authentisches indisches Essen und Familienleben erleben.


Toastbrot und Samosa war das einzigste was ich dort kannte an Essen. Ein Toast kostet dort 10 Rupien, das teuerste war eine Suppe für 20. Trotzdem haben die Kinder mehr als 200€ umgerechnet eingenommen, was sie einstimmig der Schule gespendet haben. Rührend, vorallem wenn man bedenkt, dass die Schule eine der wenigen Non-Profit Organisationen unter den Indische Bildungseinrichtungen ist


Die Lehrer sind fast immer traditionell gekleidet. Links ist Sapna, ein Hindilehrerin. Die in der Mitte ist Handarbeitslehrerin und rechts eine von zwei Telugulehrerinen. Leider weiß ich keinen der Namen, da ihr Englsich dürftig ist und wir selten zusammen arbeiten. 



V.l.n.r.: Hemand der Sportlehrer, Veruu der Werkenlehrer (leider auch nur mäßig in Englisch), nochmal Ornob und Luis. Ornob ist ein echter Unterhaltungskünstler und hat immer eine lustige Geschichte auf Lager.


Alka! Dank ihr kann ich jetzt schon fast das komplette Hindi-Alphabet entschlüsseln. Es macht riesigen Spass, aus diesen Hieroglyphen überall, seien es Werbetafeln oder Ähnliches irgendwelche lustigen Wörter zu lesen, auch wenn mein Wortschatz noch gering ist. Aber die Basics haben wir beide drauf und selbst die Aussprache der verschiedenen D-, T-, G-, P-, J- und SCH-Laute verbessern sich von Tag zu Tag! Man rühmt uns mit den durchaus beachtlichen Fortschritten, denn neben dem täglichen Unterricht lernen wir auch jeden Tag zu Hause. Diese Sprache hat meinen Ehrgeiz geweckt, leichte Konversationen sind bereits möglich! 
Sie selbst hat uns gestern freundlich bei sich zu Hause aufgenommen. Ihren Sohn Yash kennen wir auch bereits und auch dort haben wir Gastfreundschaft vom feinsten erlebt.


Auch die Schattenseiten der Kultur sind hier nicht zu Übersehen. Viele dieser Frauen leben auf dem Gelände, alle arbeiten dort. Es geht ihnen zwar besser als den meisten Bediensteten hier, aber viel verdienen sie nicht und bis auf die neuste Generation ihrer Familien sind sie bildungsfern durchs Leben gegangen. Immerhin ihre Kinder oder Enkelkinder gehen teilweise auf Schulen. In der Regel sprechen sie nur Telugu, nur manche können Hindi. Und obwohl sie auf dem Bazar wie auch jeden Tag zu Mittag kostenlos Essen bekommen sind sie immer fernab der Gesellschaft. Nur zu deutlich hier zu erkennen.


Die Gunst der Stunde hab ich genutzt um dieses malerische, menschenleere Bild unseres Innenhofes vom "Lehrerzimmer" aus zu machen.
Wie gesagt, der nächste Post kommt wahrscheinlich erst in zwei Wochen. 
Schön zu hören, dass es allen gut geht und schön zu sehen, dass immer noch so viele Leute den Blog lesen (Blogspot bietet viele Besucherstatistiken). Gestern wurde der Blog zum 1.000. mal aufgerufen! Juchu!